AFGHANISTAN – Von der Antike bis zur Neuzeit

Afghanistan

Nach dem Einmarsch der Sowjetunion 1979 besiegten Mudschaheddin, die von den Vereinigten Staaten und Saudi-Arabien finanziert wurden, die von der Sowjetunion gestützte Regierung. Die Aufteilung der Machtbereiche scheiterte jedoch an Rivalitäten; die fundamentalistisch islamisch ausgerichteten Taliban- Milizen kamen an die Macht und setzten eine radikale Interpretation des Islam und insbesondere die Scharia mit aller Härte durch. Nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten wurde das Taliban-Regime, das Mitgliedern von Terrororganisationen Unterschlupf gewährt hatte, im maßgeblich von den Vereinigten Staaten geführten Krieg gegen den Terror gestürzt.

Seither bestimmt der Krieg in Afghanistan seit 2001, an dem sich auch die Bundesrepublik Deutschland beteiligt, das Geschehen.

Von der Antike bis zur Neuzeit

Im Norden von Afghanistan blühte im dritten und zweiten Jahrtausend v. Chr. die sogenannte Oasen-Kultur. Die Menschen lebten vom Ackerbau und wohnten teilweise in Ortschaften, die schon städtischen Charakter hatten. Einzelne befestig- te Bauten deuten auf Fürstensitze und eine deutlich sozial gegliederte Gesellschaft. Bronze und Gold wurden verarbeitet. Diese Kultur ging um 1700 v. Chr. unter.

Das Perserreich um 500 vC

Ab etwa 500 v. Chr. gehörte das Gebiet des heutigen Afghanistan zum Perserreich. Besonders hervorzuheben sind die Satrapien Baktrien und Gandhara. Im 3. und 2. Jahrhundert v. Chr. war in Baktrien ein Griechisch-Baktrisches Königreich, das von den Nachkommen der Truppen Alexanders des Großen regiert wurde. Danach wurde das Gebiet geteilt vom Kuschan-Reich im Osten und von den Parthern und Sassaniden im Westen regiert.

Das Griechisch-Baktrische Königreich um 330 vC

Unter der Herrschaft der Kuschana-Dynastie festigte sich der Buddhismus all- mählich im Gebiet des Hin- dukusch. Zwischen dem 2. und 4. Jahrhundert n. Chr. entstanden entlang der damaligen Handelsrouten eine Reihe von buddhis- tischen Stätten – Stupas, Tempel und Klosterstätten, dies sowohl südlich als auch nördlich des Hindukusch-Gebirges.

Nach dem Fall der Sassaniden und der Invasion der muslimischen Araber dominier- ten bis zum Mittelalter persische Lokaldynastien, die dem muslimischen Kalifat unterstanden. Der Islam setzte sich dennoch in dieser Region verhältnismäßig langsam durch. Erst gegen Ende des 10. Jahrhunderts, das heißt nach der großen Völkerwanderung der Türken ins Iranische Hochland, sollen nach einer islamischen Chronik die meisten Einwohner im Raum Ghur (zwischen Herat und Kabul) Moslems gewesen sein. Zu dieser Zeit (983) hielt sich aber beispielsweise in Ohind (d. h. in Gandhara) noch ein hinduistisches Königreich unter König Jaipal, sodass das ange- zweifelt werden kann. Letztendlich stieg dennoch der Islam, vor allem in seiner sunnitischen Form, zur vorherrschenden Religion auf. So verzeichnete man unter den Samaniden, Ghaznawiden und Ghuriden eine politische, wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit in der Region.

Diese blühende Stadtkultur wurde aber durch den Mongolenangriff im 13. Jahrhundert arg in Mitleidenschaft gezogen. In der Folge behaupteten die Kartiden kurzzeitig eine gewisse Eigenständigkeit der Region, bevor Timur Lenk das türkisch-persische Timuriden-Reich gründete, zeitweilig mit Herat als Hauptstadt.

Ab dem 16. Jahrhundert gehörten Herat und Ghur zum Reich der Safawiden, während Kabul dem Mogulreich unterstand. Kandahar gehörte abwechselnd Persien und Indien, bis sich im 18. Jahrhundert einige paschtunische Stämme gegen die Perser und Mogulen erhoben.

Baktrien

Baktrien (griechisch Βακτριανή, persisch Bākhtar, lat. Bactria, chines. Da Xia) ist der Name einer historischen Landschaft um die Hauptstadt Baktra (das heutige Balkh im persischen Khorasan im Mittelalter und im heutigen Afghanistan), die nördlich des Hindukusch und südlich des Flusses Amu Darja lag. Das Gebiet, aus dem eventuell der Religionsgründer Zarathustra stammt, gehört heute großteils zum Norden Afghanistans und zum südlichen Turkestan. Die Bewohner Baktriens waren die Baktrer, sowie einige Skythen.

Der persische Großkönig Kyros II. unterwarf Baktrien um 538 v. Chr. und machte aus Baktrien eine Satrapie des Achämenidenreichs. Das Land war berühmt für seine Fruchtbarkeit und seinen Reichtum. Es wurde daher auch das „Reich der 1000 Städte“ genannt, wobei der Urbanisierungsgrad Baktriens wohl auch sehr hoch war.

Das Land war außerdem für seine Pferde berühmt, die baktrische Reiterei stellte denn auch einen wichtigen Bestandteil des persischen Heeres dar. Nach der weitgehenden Eroberung Persiens durch Alexander den Großen um 330 v. Chr. versuchte der Satrap von Baktrien, Bessos, sich zum selbstständigen König von Baktrien zu machen, doch unterlag er Alexander, der Baktrien erst unterwerfen konnte, als er die baktrische Prinzessin in Sogdiana heiratete. Bessos, der Dareios III. in Baktrien ermorden ließ, nachdem dieser von Stadt zu Stadt Zuflucht vor Alexander suchte, wurde ebenfalls von Alexander ermordet.

Unter Dareios III. hatte Baktrien den größten Einfluss unter allen iranischen Völkern im persischen Reich.

Nach Alexanders Tod gehörte Baktrien zum Reich der Seleukiden. Alexanders baktrischer Sohn und Frau wurden von seinen Nachfolgern, den Diadochen ermordet und einer von Ihnen namens Antiochos I. bemühte sich von Baktrien aus, der wachsenden Macht des indischen Mauryareichs Herr zu werden, doch machten sich bald schon separatistische Tendenzen bemerkbar, zumal die Seleukiden diesen weit entfernten Raum ohnehin nicht effektiv von Syrien und Mesopotamien aus kontrollieren konnten. Der seleukidische Statthalter Diodotos spaltete denn um 250 v. Chr. Baktrien vom Seleukidenreich ab und wurde unabhängig, wobei das Land ohnehin bald darauf durch die Angriffe der Parther vom Rest des Reiches isoliert wurde. Damit begründete Diodotos das griechisch- baktrische Reich, dass sich in fast ganz Khorasan ausgebreitet hatte, das später auch einen Teil Indiens umfassen sollte. Antiochos III. stieß Ende des 3. Jahrhunderts noch einmal bis nach Baktrien vor, doch mehr als eine formale Unterordnung Baktriens erreichte er nicht. Das griechisch-baktrische Reich löste sich dann 80 Jahre nach seiner Souverenitätserklärung nach einem Krieg zwischen Demetrios und Eukratides in zwei Reiche auf (das eigentlich griechisch-baktrische Reich und das indo-griechische Reich), die von den Parthern und Indoskythen hart bedrängt wurden. Unter den Königen dieser Reiche werden als die bedeutendsten die Griechen Alexandros und Hermaios genannt. Die Parther eroberten den Süden Khorasans (heute Afghanistan), die Saken wanderten nach Sistan, wo sie teilweise sesshaft wurden. Ein Teil der Saken ließ sich auch nördlich des Hari-Rud nieder (etwa bei Ghor).

141–129 v. Chr. war Baktrien von den Yüe-tschi besetzt. Auf Hermaios folgte im 1. Jahrhundert v. Chr. ein nichtgriechischer König, Kadphizes (Kushana, Yüe-tschi- Reich).

Im 1. Jahrhundert n. Chr. herrschte der von den Parthern abstammende König Gondophares über den größten Teil des Reichs; unter ihm verkündete nach der Legende der heilige Thomas das Christentum in Baktrien. Bis 200 herrschte die Dynastie der Turuschkas, bis die Herrschaft der Kuschana und (im Südwesten) der neupersischen Sassaniden diesem Rest hellenistischer Kultur im Osten ein Ende machte und die griechische Sprache durch die einheimische wieder verdrängte.

Nach der Eroberung Baktriens durch die Kushanas wurden diese in Baktrien kulturell und sprachlich assimiliert. So nahmen die Kushana die baktrische Sprache, Kultur und sogar Religion an, jedoch ohne zu vergessen, dass sie die neuen Herrscher Baktriens sind. Später konvertierten auch einige Herrscher zum Buddhismus. So war der Herrscher der Kushanen Kanishka der Große selbst ein Zoroastrier. Das beweist uns ein Fund eines zoroastrischen Feuertempels in Baghland, den er sich selbst gewidmet hatte. Die Kushanen errichteten ein Reich, das sich vom Aral-See bis zum westlichen China und nach Zentral-Indien erstreckte. Damit war Baktrien neben dem Sassaniden-Reich, dem Kaiserreich China und Rom das mächtigste Reich der damaligen Welt und gleichzeitig eines der hochentwickeltesten. Baktrien, generell, Khorasan wurde zum Zentrum von Wissenschaft, buddhistisch-hinduistischer Theologie und Weltwirtschaft. Auch die von den paschtunischen Taliban zerstörten Buddha-Statuen im Bamyan-Tal gehen auf die Zeit der Kushanen zurück. All diese Leistungen waren sowohl bedingt durch die Seidenstraße als auch durch die Popularität der Kushanen, sowohl in Asien als auch in Europa.

Mit dem Aufkommen der Sassaniden im Westen verschmolz die Kushana- Zivilisation mit der der Sassaniden. Viele Gelehrte und Historiker sprechen daher von einer kushano-sassanidischen Zivilisation. Als die Hunnen beide Reiche überfielen, waren es in erster Linie die Kushanen, die die fremden Krieger aus (Groß- )Khorasan vertrieben. Die Kushana dienten aber auch den Sassaniden. So halfen sie die Sassaniden bei ihren Auseinandersetzungen mit den Römern und später mit den Byzantinern, wofür sie später als Dank von den Sassaniden Baktrien und Nord-West-Indien zugesprochen bekamen. Die Herrschaft der Kushanen dauerte über vier Jahrhunderte, bis sie von den Kidariten unter ihren Kushanenanführer Kidârâ ersetzt wurden, ein Stamm, welcher selbst zu den Kushanen zählte und ursprünglich in Sogdien beheimatet war (wahrscheinlich Nachfahren der Indo- Skythischen Tochaer), bis sie von den Sassaniden und Hephtaliten, die gemeinsame Sache machten, im 5. Jahrhundert überfallen und aus Baktrien vertrieben wurden. Es gab jedoch zwei Kidârâs. Der eine zog aus Baktrien nach Kabul und der andere womöglich nach Gandhara.

Die Hephtaliten, eine Konföderation verschiedener, „indo-europäisch“ geprägter nomadischen Völker, wurden in Baktrien die neuen Herrscher und übernahmen die baktrische Sprach- und Administrationstradition. Die Hephtaliten errichteten sowohl in (Groß-)Khorasan als auch im heutigen Iran für kurze Zeit ein eigenes Reich. Zeitweise war sogar das mächtige Sassanidenreich tributpflichtig, bis Chosrau I. mit Hilfe türkischer Nomaden das Hephthalitenreich völlig zerschlug. Daraufhin wurde Baktrien wieder eine persische Provinz, während die Länder „jenseits des Oxus“ von den Türken eingenommen wurden.

Infolge der Islamischen Expansion (642 Hauptschlacht mit den Sassaniden bei Nehawend, 712 Eroberungen an Chinas Grenze) wurde Baktrien Teil des arabischen Kalifats. Zur gleichen Zeit wurde das Land von den Arabern flüchtenden Persern heimgesucht. Wie in Gandhara, machten die Immigranten die Hauptbevölkerung aus und assimilierten komplett die eigentliche indigene Bevölkerung.

Seit dem 10. Jahrhundert wurde das Gebiet Baktriens von verschiedenen persischen, türkischen und mongolischen Dynastien beherrscht, später schließlich im 19. Jahrhundert von den Afghanen.

Im 19. Jahrhundert stritten sich auch England und das zaristische Russland um die Einflussnahme in dieser Region.

Ende der 1970er Jahre fanden russische Archäologen unter Viktor Sarianidi im heutigen Afghanistan bei Tilla Tepe die Überreste eines antiken Gräberfelds. An der Stelle des Gräberfeldes stand zuerst eine Festung. Im Laufe der Jahre verfiel diese und wurde mit Erde bedeckt. Auf diesem entstandenen Hügel entstand Jahre später eine Siedlung. Erst als diese ebenfalls verfiel und mit Erde bedeckt wurde, legte man die Gräberfelder an. In einigen der Gräber, unter anderem in dem einer wohlhabenden Frau, fand man über 20.000 Goldgegenstände. Das wohl bekannteste Fundstück ist eine aufwändig gearbeitete Krone aus purem Gold, die man auf Reisen zusammenfalten konnte. Der Schatz, dessen Umfang durchaus mit den Grabbeigaben des Tutanchamun vergleichbar ist, konnte nie vollständig geborgen werden, da noch während der Ausgrabungen sowjetische Truppen in Afghanistan einmarschierten. Das Ausgrabungsteam musste fliehen. Das „Gold von Baktrien“ wurde hastig in Kisten verstaut und auf einem Jeep nach Kabul gefahren. Danach verliert sich die Spur des Schatzes.

Erst im Jahr 2002 tauchte der verloren geglaubte Schatz wieder auf. Er lagerte in der afghanischen Nationalbank. Er war von einem Wächter der Bank dort versteckt worden, als die Taliban an die Macht kamen.

Gold im Überfluss

Die Grabung in Tillya-tepe

Das Grabungsteam von Viktor Sarianidi und mehr als 50 afghanische Arbeitskräfte legten im Jahr 1978 einen archaischen Feuertempel frei – und fanden „Gold wie am Fließband“.

An den vier Ecken des Bauwerks fanden sie Rundtürme aus Lehm, die Viktor Sarianidi Instand setzen ließ.

 

Die „Mäusegruft“

Das Zentrum des Feuertempels ist ein U-förmiger Altar. Vor mehr als 3.000 Jahren wurde hier das Heilige Feuer angebetet. Es dauerte nicht lange bis das Team auf ein Grab stieß. Viktor hat dieses Grab später scherzhaft Mäusegruft genannt, denn bis auf einige Perlen gab es so gut wie keine Grabbeigaben. Sie fanden seltsame Löcher in der Wand, die sich als Mäusegänge herausstellen. Und davor lag ein Plättchen aus Gold – die Nager haben alles Stück für Stück in ihren Bau geschleppt. Ein Hort voller Goldpailletten.

Nekropole voller Schätze

Das Grabungsteam war auf eine Nekropole gestoßen – Gebeine, die über und über mit Gold bedeckt waren und eine Krone, die sich zusammenfalten lässt für lange Reisen. Die Tote hatte eine Münze im Mund – ein Ritual der Griechen, die so die Fahrt über den Totenfluss bezahlten, dazu ein griechischer Liebesgott als Ohrring.

Grabbeigaben der Toten:
 Eine goldene Krone zum Zusammenfalten für lange Reisen

Erste Antworten ergaben sich aus der Schichtung des Hügels. Der Feuertempel aus dem 12. Jahrhundert vor Christus war längst wieder zerfallen und zugeweht, als 900 Jahre später auf dem Hügel eine kleine Siedlung entstand. Auch sie zerfiel und wur- de begraben unter Sand und Staub von Jahrtausenden. Eine genaue Analyse ergab, dass die Gräber erst nach dem Zerfall des Tempels und der Siedlung angelegt wurden.

Unter dem heute verschütteten Dorf mit der Nekropole lag der Feuertempel Tillya- tepes.

„Gold wie am Fließband“

Sechs Gräber konnte Sarianidi öffnen, und sie gaben – wie er sagt – „Gold wie am Fließband“ preis. Viktor hatte eine Sammelstelle für Gold eingerichtet. Über 20.000 Objekte wurden erfasst. Darunter schwere Gürtel und Schalen aus getriebenem Gold oder eine reich verzierte Dolchscheide. Viktor ist von den Tierdarstellungen und Ornamenten fasziniert.

Die Archäologen wussten nicht einmal, aus welcher Zeit das stammte – bis sie eine römische Münze fanden. „Caesar Tiberius, Sohn des göttlichen Augustus“, stand darauf. 14 Jahre nach Christi Geburt wurde Tiberius römischer Kaiser. Die Frage der Datierung war gelöst. Aber die Herkunft der Schmuckstücke blieb umso rätselhafter. Was haben Delfine in Zentralasien zu suchen – Delfine, die von Eroten geritten werden? Das Motiv ist typisch für die antike Kunst der Griechen. Aber Athen liegt 4.000 Kilometer weit entfernt.

Die geflügelte Aphrodite

Weiter fanden sie auf der Brust der
Toten ein Schmuckstück, das die
griechische Liebesgöttin Aphrodite
darstellte – bis auf die Flügel. Wie kamen
griechische Motive nach Baktrien? Eine
mögliche Antwort gab die
Gürtelschnalle aus Grab vier:
makedonische Waffen und makedonische Krieger. Einer Legende nach soll Alexander der Große das Land Baktrien erobert und die schöne Königstochter geheiratet haben.